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Alle wollten - einer wollte nicht: Robert Habeck

Rund eineinhalb Monate dauerte die "Tournee" des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (MELUR) mit Informationsveranstaltungen an den sieben Deponie-Standorten, die für die Beseitigung von gering radioaktiv belasteten Abfällen aus dem AKW-Rückbau infrage kommen. Am Donnerstagabend, 21.07.2016, kurz vor Ferienstart, sah das Ministerium den Zeitpunkt für ein erstes Fazit seiner Bemühungen um die zeitnahe Durchsetzung einer Entsorgungsvereinbarung gekommen.


„Reststoffe – Rückbau von Atomkraftwerken“ lautete der Titel der Diskussionsveranstaltung mit circa 200 TeilnehmerInnen der verschiedenen Interessengruppen. Es war ein Abend weniger der Diskussion als der Statements. Alle Interessengruppen von der Bürgerinitiative über Umweltverbände bis zu den Entsorgerverbänden waren mit Wortbeiträgen vertreten.

20160721_JW_Statement_BAESH_MELUR
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Viele inhaltliche Übereinstimmungen nährten die Hoffnung auf einen breiten Konsens im Raum: Ja, wir übernehmen Verantwortung. Ja, wir wollen eine Entsorgungsvereinbarung, diese muss jedoch am Ende eines ergebnisoffenen Dialogs zwischen Vertretern der verschiedenen Interessengruppen stehen. Alle technisch möglichen Entsorgungskonzepte bzw. -vorschläge müssen unter Wegnahme des Zeitdrucks diskutiert und gleichwertig gegenübergestellt werden. Dabei soll der Schutz von Mensch und Umwelt vorrangig gewichtet werden.


Ole Eggers, Geschäftsführer des BUND Schleswig-Holstein, forderte in Anlehnung an die Atommüll-Kommission die Einrichtung einer AKW-Rückbau-Kommission mit Bürgerbeteiligung. Teilnehmer des bereits seit drei Jahren laufenden Dialogverfahrens, das zur Stilllegung der ehemaligen Atomforschungsanlage Geesthacht eingerichtet wurde, berichteten von ihren positiven Erfahrungen. Bettina Boll, Anti-AKW-Aktivistin und Mitglied der Begleitgruppe in Geesthacht forderte die Anwesenden auf, den Versuch zu starten, die Welt der jeweils konträren Interessengruppe kennenzulernen, um vermeintlich unvereinbare Gegensätze aufzubrechen.


Das 10-Mikrosievert-Konzept wurde von vielen Stimmen kritisiert.

Daran änderte auch der Vortrag von Christian Küppers vom Öko-Institut nichts. Vielmehr machte sein Vortrag zur Anwendung des 10-Mikrosievert-Konzepts deutlich, dass die Modellrechnungen problematisch sind. So wird bspw. die Staubbelastung nicht an Kindern modelliert, sondern an männlichen, gesunden Deponie-Arbeitern. Kinder reagieren jedoch aufgrund des Wachstums viel sensibler auf Strahlung. Entsprechend ist das Gesundheitsrisiko für Kinder höher.


Insgesamt bekam Minister Habeck breites Lob für den Grundgedanken, eine Transparenz-Initiative zu starten, dieser müsse fortgeführt werden. Es sei aber ein Neustart bzw. das Abrücken von den durch das Ministerium festgelegten Vorgaben nötig, stimmte die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer überein.


Alle wollten - nur einer nicht: Robert Habeck!

Der Minister zog sein vernichtendes Fazit: „Ich glaube, die Messe ist gesungen.“ Das Projekt sei gescheitert, die Bürgerinitiativen an den Deponie-Standorten hätten gesagt: "Nicht bei uns!". Er respektiere die Gemeinderatsbeschlüsse, damit sei der Dialog mit diesen Beteiligten (Gemeinden und Bürgerinitiativen) an dieser Stelle beendet. Er werde sich nun an die kommunalen Spitzenverbände wenden. Daraufhin große Empörung im gesamten Publikum und die Aufforderung, das Schwarz-Weiß-Denken aufzugeben und den Zeitdruck raus zu nehmen. Habeck argumentierte, es sei der "Sichere Einschluss" gefordert worden, und dies sei für ihn keine Option. Dabei war der "Sichere Einschluss" an diesem Abend gar nicht konkret thematisiert worden. Andere Entsorgungslösungen standen im Vordergrund. Auch die Entlassung der Rückbaumasse aus dem Atomrecht sei für ihn gesetzt und nicht verhandelbar.


In autokratischer Manier hat Habeck mit seinem Fazit die positive, konstruktive und dialogwillige Atmosphäre im Raum zerschlagen und seine eigene "Transparenz-Initiative" somit ad absurdum geführt. Habecks Fazit stand im Widerspruch zu allem, was an diesem Abend in diesem Raum gesagt wurde. Er wird nun "demokratische" Legitimation bei den kommunalen Spitzenverbänden suchen. "Die BIs sind raus!", so oder so ähnlich hat Habeck es formuliert - es liegt allerdings in der Natur der Sache, dass Politik nicht darüber entscheidet, wann eine Bürgerinitiative "raus" ist.


Im NDR-Interview vom gleichen Abend sagte Habeck, dass es derzeit deutschlandweit keine einzige Deponie gäbe, die "freigemessene" AKW-Abfälle annehme. Das ist gut so, denn nur dann öffnet sich die Tür für Entsorgungskonzepte, die Mensch und Umwelt vor den Gefahren der Radioaktivität schützen.


Zugleich kündigte Habeck in dem Interview an, dass am "Ende des Tages" eine Anweisung des Ministeriums droht, diese Abfälle zuzuweisen. "Irgendwann wird es passieren müssen", so Habeck.

Symbol rund gelber Hintergrund mit BAESH-Logo: Atomkraftwerke sicher entsorgen - wir sind es wert
Moin. Grenze erreicht.

Hier schreibt BAESH, aus dem nördlichsten Norden der Republik. Teils in Eigenregie, teils im Bündnis mit anderen Initiativen. Was uns verbindet? Das der Atomausstieg richtig ist. Das es mehr Sicherheit versprechende Vorgehensweisen beim AKW-Rückbau gibt. Das Gesundheitsschutz nicht verhandelbar ist. Zeit für Gesetzesänderungen und

Grenzwertreduktion.

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